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07
August
2015

Einfach nur Panik

Mein Lebensgefährte hat vor 20 Tagen hier Zuhause einen Schlaganfall. Dieser ist schnell erkannt worden, so dass er in eine Klinik kam per Hubschrauber, die über ein Stroke Unit verfügen.

Er ist 44 Jahre alt und Raucher, ansonsten keine Risiken, die einen Schlaganfall begünstigen würden.

Er war nur am Anfang des Schlaganfalls noch ansprechbar, danach, sogar noch lange bis nach dem Eintreffen in der Klinik bewusstlos.

Es stellte sich bei der ersten Untersuchung raus, dass er einen schweren Schlaganfall (Mediainfarkt) hatte, also die Hauptschlagader betroffen ist. Betroffen ist die linke Gehirnhälfte, also ist die Lähmung rechts eingetreten, ebenso wie Sprach- und Schluckstörungen. Er wurde sofort versorgt in der Form, dass anhand eines Katheters durch die Leiste die Hauptschlagader wieder "offen" gemacht wurde. Das CT zeigte wohl weitere Gerinsel, die wurden aber erst mal ignoriert.

Er kam nur langsam aus der Narkose zu sich und dämmerte vor sich hin.

Am nächsten Tag war er körperlich aktiver. Ich empfand es als Unruhe, weil ein Schmerzgeschehen zugrunde liegt. Also hat er eine Mini-Dosis Morphium erhalten und war danach ruhiger. Der Arzt sprach mich schon auf eine mögliche Erhöhung des Hirndrucks an, der folgen könnte und dass hier eine OP durchgeführt werden müssen, indem der linke Knochendeckel entfernt wird.

Das war dann auch prompt zwei Tage später notwendig. Er wurde danach in ein künstliches Koma versetzt, damit er sich erholen konnte und wurde auch beatmet. An Tag 4 nach dem SA schwoll das Gesicht und der Kopf drastisch an, was aber in den folgenden Tagen wieder besser wurde. Nach 7 Tagen im künstlichen Koma (also 9 Tage nach dem Schlaganfall) wurde nochmals ein MRT gemacht, auf dem ersichtlich war, dass das Hirn wieder auf Normalgröße gewachsen ist und das künstliche Koma wurde langsam aufgehoben. Nach weiteren 5 Tagen (also 14 Tage nach dem Schlaganfall) wurde er langsam wieder wach. Er bewegt die gesunde linke Seite, suchte mit der Hand nach meiner Hand, etc.

Tag 15 nach dem SA finde ich ihn wieder tief schlafend. Die Ärzte sagten, er sei so unruhig geworden, dass die Vitalwerte zu hoch schossen, dass sie ihn eher wieder ruhig gestellt haben. Der Oberarzt kam nachmittags und fand, dass dies ein Rückschrit war und ich konnte ihn hören, wie er im Arztzimmer seine Kollegen "bügelte".

Tag 16 nach dem SA: Die Beatmung wurde abgestellt, er wurde extubiert. Die Stationsärztin erzählte mir, dass er dabei beinahe erstickt wäre, weil er komplett verschleimt ist. Nur mit Mühe habe sie ihn wieder absaugen können, so dass er jetzt selbst atmet. Ich sollte mir überlegen, ob ich einem Tracheo zustimme, weil er dann nicht alles in die Lunge mehr schlucken könnte. Ich habe mich damit etwas schwer getan, weil ich der Meinung bin, dass es erst mal mit Absaugen versucht werden sollte. Er kann nicht sprechen und nicht schlucken und kann das meiner Meinung nach mit den erschwerten Umständen eines Tracheos, der möglicherweise nicht notwendig ist, noch schwerer wieder lernen.

Tag 17 nach dem SA: Ich komme auf die Intensivstation, er liegt auf der rechten Seite gelagert und lächelt mich an. Als ich auf ihn zugehe, versucht er mich mit dem linken Arm zu umarmen. Er wirkt einfach glücklich, er lächelt und er reagiert mit Mimik auf das, was ich sage (er zieht die Augenbrauen hoch, er zieht sie runter, er legt den Kopf nach hinten und schaut an die Decke und er lächelt). Das sind die Reaktionen auf das, was ich ihm dann alles erzählt habe und es würde passen zu dem, was ich gesagt habe. Deshalb glaube ich nicht, dass ich mir einbilde, dass er mehr versteht als man möglicherweise annimmt.

Tag 18 nach dem SA: Die Ärztin ruft mich mittags an, um mir zu erklären, dass er von der Intensivstation auf Normalstation kommt. Er ist so fit und die restliche Versorgung kann auch auf Normalstation erfolgen. Ich war etwas überrascht, weil er vor 48 Stunden beinahe noch erstickt wäre und jetzt schon so fit ist. Aber ok. Also fahre ich nachmittags ins Krankenhaus, diesmal auf die Normalstation...3-Bett-Zimmer in einem gefühlten 6 Quadratmeter-Raum. Die beiden Mitpatienten sind nett, aber alles ist viel zu eng. Einen Stuhl kann man nicht neben das Bett stellen, so dass ich mich, nachdem ich das Bettgitter runtergezogen habe, neben ihn setzen muss. Er freut sich und umarmt mich wieder. Er lächelt nicht mehr. Er schwitzt stark und ich sehe, dass sein Kopf deutlich anschwillt.

Tag 19 nach dem SA: Gleiche Situation wie Tag 18, Schwellung noch deutlicher. Gespräch mit Stationsärztin, angeblich alles normal. Es ist eben sehr warm (Außentemperatur von über 30 Grad) und im Zimmer steht die Luft. Ich frage, ob es nicht zu stressig für ihn hier ist und sie sagt, es ist alles normal.

Tag 20 nach dem SA (heute): Gleiche Situation wie Tag 19, Schwellung geht langsam, denke ich, zurück (das Auge steht nicht mehr deutlich über dem anderen Auge, sondern ist wieder auf gleicher Höhe). Immer noch hohe Temperatur im Zimmer. Er entwickelt eine Lungenentzündung, sitzt jeden Morgen voll mit Schleim, der abgesaugt werden muss (was mit Sicherheit auch nicht gut ist bezüglich der Sauerstoffversorgung des Gehirns). Er ist müde und fast apathisch. Einmal zeigt er mit der linken Hand im Zimmer umher und zieht die Augenbrauen hoch. Ich erkläre ihm, dass er im Krankenhaus ist, weil er einen Schlaganfall hatte. Er zeigt mit der linken Hand mehrere Drehungen, so nach dem Motto "erzähl weiter" und ich sage ihm, dass er mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen ist, dass wir jetzt auf die Reha warten und sehen müssen, was alles bringt und dass ich immer, wirklich immer für ihn da bin und sein werde. Danach schlief er tief ein. Ich habe dann einen Ventilator aufgestellt, den ich vorher schon gekauft habe und einen WAschlappen mit eiskaltem Wasser getränkt und ihm auf die Stirn gelegt. Der Ventilator wurde vom Pflegepersonal kritisch betrachtet, wobei der nicht direkt auf ihn zielt, sondern eher über ihn, damit die Luft einfach mal etwas zirkuliert.

Wegen der Schwellung und dem apathischem Zustand mache ich mir Sorgen. Jeder sagt, es ist normal, aber damals war die Schwellung direkt nach der OP so schlimm. Das ist dann wunderbar wieder zurückgegangen und ich weiß nicht, ob noch alles so richtig ist. Ich muss ja vertrauen, aber ich habe auch Angst, dass es schief geht...



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